Lange Zeit wurde in der Beziehung zwischen Unternehmer und familienexternem Management ein inhärenter Interessenskonflikt vermutet (Prinzipal-Agent-Konflikt). Der Manager verhalte sich strickt opportunistisch und sei nur durch äußere Anreize zu motivieren. Aus dieser Konstellation resultiert ein großes Misstrauen dem Management gegenüber. Aufgrund dessen sind strikte Kontrollstrukturen und Anreizsysteme notwendig. Der Begriff „Fremdmanager“ drückt dies entsprechend aus.
Im Kontrast dazu hat sich seit den 1990er Jahren die Stewardship-Perspektive entwickelt. Sie geht davon aus, dass die Ziele von Inhabern und Managern kongruent sein können. Manager verhalten sich nicht rein opportunistisch, sondern haben ebenfalls ein Interesse, sich im Sinne des Unternehmens zu verhalten. Vertrauen zwischen Inhaber und Management tritt an die Stelle von Misstrauen. Vor diesem Hintergrund sind die Governance-Strukturen nicht mehr als reine Kontrollstrukturen, sondern dienen darüber hinaus der Beratung und Unterstützung des Managements. Dieses erhält weiträumige Entscheidungsspielräume. In dieser Welt wirkt der Begriff des Fremdmanagers überholt. Der Fremdmanager wird zum Wahlmanager.
Wenn sich beide Seiten vertrauensvoll gegenüberstehen und eine Stewardship-Beziehung eingehen, prägen kongruente Interessen und gemeinsame Werte die Zusammenarbeit. Familienunternehmen, die der Stewardship-Philosophie folgen, sind daher auch besonders erfolgreich. Als Treuhänder der Familie besitzt das Management eine von der Vergütung unabhängige intrinsische Motivation, zum Wohlergehen des Unternehmens aktiv beizutragen. Ein klassischer Agent schaut nur auf seine individuellen (monetären) Ziele. Die Interconsilium-Studie belegt dies: 92 Prozent der Führungskräfte in Familienunternehmen ziehen aus einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Unternehmerfamilie persönliche Zufriedenheit.